Prämonstratenser bewegen sich in Magdeburg zwischen Tradition und Aufbruch

Die Symbole für die Vergangenheit und die Zukunft der Prämonstratenser liegen nur einen Kilometer voneinander entfernt. In Magdeburg am linken Elbufer befindet sich das Kloster Unser Lieben Frauen. 15 Minuten dauert der Fußweg bis zum Quartier Ökumenische Höfe. Hier entsteht ein Klosterneubau des Priorats der Abtei Hamborn. 

Pater Clemens Dölken hat sich heute mit dem Architekten Hubertus Trompeter getroffen. Die beiden Männer sprechen über den Fortschritt des Neubaus. Für Frühjahr 2023 ist der Umzug geplant. Pater Clemens, sein Mitbruder Pater Tobias und Hubertus Trompeter stehen auf dem Dach des Neubaus. Der Magdeburger Dom ist von hier oben gut zu sehen. Wenn die Männer ihren Blick schweifen lassen, können sie durch die Baumwipfel den ehemaligen Wirkungsort der Prämonstratenser in Magdeburg erkennen.

Mutterkloster des Ordens im östlichen Raum

Das Kloster Unser Lieben Frauen atmet Geschichte. Im Jahr 1129 übereignete Erzbischof Norbert von Xanten das Stift dem neu gegründeten Orden. Papst Honorius II. bestätigte diesen Vorgang. Dieses Prämonstratenser-Chorherrenstift wurde, nach Prémontré, praktisch zum Mutterkloster des Ordens im östlichen Verbreitungsraum. Hier befanden sich die Gebeine des Heiligen Norbert von Xanten – bis sie 1626 Caspar von Questenberg, der damalige Abt des Klosters Strahov, nach Prag überführte. 

Damals tobte in Europa der Dreißigjährige Krieg. In Magdeburg kam es zu Verwüstungen. „Die gesamte Bevölkerung wurde regelrecht niedergemetzelt“, erzählt Pater Clemens. Das Wort „Magdeburgisieren“ steht heute für die grausame Vernichtung einer Stadt. Bei der Zerstörung durch kaiserliche Truppen unter Johann T’Serclaes von Tilly am 10. Mai 1631 blieb das Kloster zwar weitgehend unbeschadet. Trotzdem endete die Zeit der Prämonstratenser bald. 1632 verließen die Chorherren das Kloster endgültig.

Pater Clemens (links) und Pater Tobias besuchen das Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg.
Foto: Daniel Elke / Abtei Hamborn

Seit 1991 ist der Orden wieder zurück in Magdeburg. Im Zuge der Wiedervereinigung entstand in der Stadt ein Priorat der Abtei Hamborn. „Meine Mitbrüder saßen vor dem Fernseher und haben die Öffnung der innerdeutschen Grenzen gesehen“, erzählt Pater Clemens. „Sie kamen sofort auf die Idee, nach Magdeburg zu gehen.“ Der gebürtige Duisburger war es, der als erster Prämonstratenser wieder nach Sachsen-Anhalt zog. Er baute dort das Hilfswerk SUBSIDIARIS auf. Pater Clemens ist nun Prior der 1996 gegründeten Niederlassung in Magdeburg.

Innenstadt von Magdeburg wurde bombardiert

Ihm und seinen drei Mitbrüdern ist bewusst, welche Bedeutung die Stadt in der deutschen Geschichte hat. Viele Generationen erfuhren großes Leid. „Im Zweiten Weltkrieg wurde die Innenstadt von Magdeburg bombardiert und zerstört“, erzählt Pater Clemens und verweist auf die Ereignisse vom 16. Januar 1945. Das Gedenken in der Stadt ist stark ausgeprägt. So wird im Magdeburger Theater jedes Jahr am 16. Januar die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven gespielt. Sie bricht abrupt ab – wie damals beim Bombardement. 

Pater Clemens begrüßt es, dass es diese Erinnerung gibt. Er hat sich aber gefragt, wie die Prämonstratenser mit der Geschichte umgehen. „Ein christliches Kloster kann einen Beitrag leisten, für Versöhnung zu sorgen“, sagt Pater Clemens. „Das kann man aber nicht befehlen. So eine Idee muss in Stein gemeißelt werden.“

Echte Ökumene wird gelebt

Der Klosterneubau steht sinnbildlich für die Versöhnung. Dass in Magdeburg echte Ökumene gelebt wird, wollen sie vor Ort zeigen. Die Prämonstratenser leben künftig in einem Quartier, in dem die evangelisch-reformierte Gemeinde, die evangelische Altstadtgemeinde, die katholische Pfarrgemeinde Sankt Augustinus sowie die Europäische Sankt-Norbert-Stiftung zuhause sind.

„Das Thema Ökumene greifen wir auch architektonisch auf“, sagt Hubertus Trompeter. Als es im Sommer 2018 losging, rissen die Bauarbeiter In einem symbolischen Akt die trennende Mauer zwischen den Grundstücken der katholischen und evangelischen Gemeinden ein. In den Ökumenischen Höfen werden Plätze der Begegnung entstehen.

Haseloff sieht beispielhaften Ort 

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff nannte bei der Jahresversammlung der Gesellschaft Katholischer Publizisten die Ökumenischen Höfe als derzeit beispielhaften Ort kirchlicher Präsenz in Magdeburg. Dort seien mehrere Konfessionen neben und miteinander tätig. Das seit langem geplante und derzeit im Bau befindliche Prämonstratenser-Kloster werde nach der Auffassung des CDU-Politikers diese Höfe und die geistliche Stadt landschaft bereichern. Bildungs- und Sozialeinrichtungen von kirchlicher Seite leisteten generell einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag. 

Für die Zukunft der Kirche in Deutschland werde entscheidend sein, dass es gemeinsam gelinge, „den Spagat zwischen ständiger Erneuerung und Erhalt der Einheit mit Rom und der Weltkirche“ weiter sicher zu stellen. Diese Aussagen werden Pater Clemens und seine Mitbrüder auf jeden Fall unterstreichen.

Weitere Info zum Klosterneubau sowie den Spendenaufruf gibt es unter www.klosterneubau.de