Allerheiligen in Hamborn – ein Tag des Wiedersehens

„Bei uns gab es immer Riemchenkuchen, das war für uns Kinder eine große Freude!“ So erinnert sich Abt Albert an seine Kinder- und Jugendtage in Hamborn und das Fest Allerheiligen, zu dem viele Verwandte und Bekannte, die schon längst nicht mehr in Hamborn lebten, zum Besuch der Gräber ihrer lieben Angehörigen nach Hamborn kamen, um am Vormittag in der festlichen Messe in der Abteikirche und am Nachmittag an der Prozession der Gemeinde über den Friedhof mit der Segnung der Gräber teilzunehmen. „Für uns Kinder war das immer eine schöne Sache. Am Feiertag war schulfrei und Onkel und Tanten kamen mit Cousinen und Cousins, so dass eine große Kinderschar gesichert war. Auf dem Friedhof durften wir bunte Lichter aufstellen und es gab etwas Gutes zu essen.“

So ist es auch heute noch. Am Vormittag wird um 10.30 Uhr in der Abteikirche ein festliches Hochamt gefeiert. Der Abteichor singt von Michael Haydn die Messe zu Ehren der Hl. Ursula, genannt Chiemseemesse, für Chor, Solisten, Orchester und Orgel.

Festhochämter in der Abteikirche

Die Festhochämter in der Abteikirche erfreuen sich stets großer Beliebtheit. An Allerheiligen hat das noch eine besondere Note:  An diesem Tag kommen hier viele Menschen zusammen, deren Vorfahren und Angehörige auf dem Abteifriedhof bestattet sind. Erinnerungen werden wach, Erinnerungen werden ausgetauscht und man bringt sich gegenseitig auf den neuesten Stand. Was ist im Laufe des letzten Jahres geschehen? Wer ist vielleicht schon verstorben? Was hat sich in Hamborn getan? Für nicht wenige Menschen, die in den zurückliegenden Monaten einen Angehörigen auf dem Abteifriedhof begraben haben, ist dieser Tag natürlich auch ein Tag schmerzlichen Gedenkens und der Trauer, aber eingebettet in den von jeher festlichen Rahmen der gottesdienstlichen Feier in der Abteikirche.

Abteifriedhof Hamborn
Den Abteifriedhof in Hamborn besuchen zu Allerheiligen viele Menschen. Foto: Abtei Hamborn

Das Außergewöhnliche: Der Friedhof liegt direkt bei der Kirche und das seit schon über 1.000 Jahren! Der Historiker Pater Dr. Ludger Horstkötter weiß zu berichten, dass direkt rechts neben der Kirche seit über 1.000 Jahren der Friedhof der Hamborner Christen ist. Einige alte Grabmäler zeugen noch von dieser Jahrhunderte langen Geschichte.

Verschiedenste Bestattungsmöglichkeiten

Heute bietet der Abteifriedhof verschiedenste Bestattungsmöglichkeiten. Aufgrund der Schönheit des Friedhofes, der wie eine hübsche Parkanlage mitten in der Stadt Ruhe ausstrahlt und mit seinen zahlreichen Sitzbänken zum Verweilen einlädt, ist der Friedhof zu einem beliebten Anlaufpunkt für Jung und Alt geworden, ja, tatsächlich für Jung und Alt: Jene, die ihre Angehörigen dort begraben haben, aber auch Jene, die sich mit der Geschichte Hamborns auseinandersetzen. Schon lange besuchen Schulklassen der umliegenden Schulen den Friedhof und befassen sich mit der hier repräsentierten Geschichte. Aufgrund der guten Einsehbarkeit und der idealen Lage des Friedhofs muss man hier auch keine Handtaschendiebstähle oder ähnliche unangenehme Begegnungen befürchten.

Gemeinsam mit den Gärtnereien, die sich seit langer Zeit um den Friedhof sorgen und kümmern, hat die Propsteigemeinde St. Johann stets darauf geachtet, auch ökologische Gesichtspunkte nicht außer Acht zu lassen. So treffen wir um die Gräber herum und im Hintergrund des Friedhofs überall auf eine große Pflanzenvielfalt und auf viele Kleintiere und Insekten, die sich dort angesiedelt haben.  Als jüngstes Projekt wurde die sogenannte „Hummelwiese“ im Jahr 2018 bekannt. Hier summt und surrt es den ganzen Sommer hindurch aufgrund einer 1,50 Meter breiten Umrandungsbepflanzung mit Wechselblühern. In über einer Kilometerlänge zieht sich eine Hainbuchenhecke über den ganzen Friedhof, in dem jedes Frühjahr und jeden Sommer zahlreiche Vogelarten ihre Nester bauen.

Persönlichkeiten der Industriegeschichte

Einzelne Stätten des Friedhofs erinnern an besondere Ereignisse und Persönlichkeiten der Industriegeschichte. Gleich am Eingang finden wir die Grabstätte der Familie König. Hier ruht als Erster begraben Theodor König, der Gründer der König Brauerei in Beeck. Von ihm gestiftet ist die daneben befindliche Theodorkapelle, seinem Namenspatron, dem Hl. Theodor geweiht. Heute dient sie auch dem Gedenken der Kriegsopfer aus den beiden großen Weltkriegen.

Direkt hinter der Kirche, im sogenannten „Ostchor“ finden wir das Verunglückten-Kreuz. Es stammt von einem Massengrab aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, in dem Bergleute begraben worden sind, die bei dem schlimmsten Grubenunglück in Hamborn zu Tode gekommen waren. Heute erinnert es aber besonders an alle, die sowohl im Straßenverkehr, als auch auf den Werken unter Tage oder bei der Arbeit am Hochofen ihr Leben lassen mussten, die zum Teil kein Grab gefunden haben. Hier finden sich immer wieder Blumen und brennende Kerzen des Gedenkens. Schwester Paula Tisa von der Schulenburg hat die Bronzeplatten und den Christus gestaltet, mit denen das große Gedenkkreuz heute geziert ist.

Abteifriedhof Hamborn
Der Abteifriedhof ist auch die Ruhestätte der Priester und Ordensleute. Foto: Abtei Hamborn

Prozession der Kirchengemeinde 

Wenn die Prozession der Kirchengemeinde sich am Nachmittag des Allerheiligentages um 16.30 Uhr zunächst nach der Andacht in der Kirche in Bewegung setzt, werden diese Stätten nacheinander besucht. Dort wird gebetet und die umliegenden Gräber werden gesegnet. Auf dem Weg liegt auch die Grabstätte der Ordensschwestern, die in den Krankenhäusern ringsum gearbeitet haben, aber auch in den Frauen- und Mütterschulen, im Abtei-Lyzeum und in den Kindergärten. Es ist ein Ort der Dankbarkeit für die enormen Leistungen der Ordensschwestern, die unter anderem das moderne Pflegewesen vor 150 Jahren ins Ruhrgebiet gebracht haben.

In naher Zukunft soll eine Gedenkstätte in der Mitte des Friedhofs entstehen. Dort weiß man um die Bestattung der Aschenurne des Märtyrers Wilhelm Paul Kempa aus der Nazizeit, der, ähnlich wie der Österreicher Jägerstätter, wegen Verweigerung des Militärdienstes 1940 zum Tode verurteilt und enthauptet worden ist. Kempa war Kunstfotograf in Hamborn. Angaben zu ihm finden sich heute im Martyrologium des 20. Jahrhunderts.

Grabanlage 1986 zuletzt erneuert

Zum Abteifriedhof zählt auch die Ruhestätte der Priester- und Ordensleute im Innenhof des Kreuzgangs direkt neben der Abteikirche, vom Seiteneingang der Kirche her leicht zu erreichen und tagsüber immer geöffnet. Seit der Wiederbesiedlung vor 60 Jahren wurden hier inzwischen 8 Mitbrüder des Prämonstratenserkonvents begraben und viele Geistliche, die im ehemaligen Dekanat Hamborn, der heutigen Pfarrei St. Johann, Dienst getan haben, oder hier aus Hamborn stammten. Die im Jahre 1986 zuletzt erneuerte Grabanlage erinnert mit ihren Steinen an alle Geistlichen, die nach der Aufhebung des Klosters 1806 hier Dienst taten und im Innenhof des Kreuzgangs begraben liegen.